Else Panneks Website Narzissenleuchten.de

 

 

 

 

Die Kastanie

Aufrecht gewachsen,
von Rindenziegeln umschlossen,
braun wie die Erde,
ist sie ein Teil von ihr.

Kraftdurchströmt
formen sich Äste und Zweige,
tragen die stattliche Krone
mit Anmut und Würde.

Grün knospt und drängt es
aus klebrig schützender Hülle.
Fingerblätter entrollen sich
zartgrün mit silbrigglänzendem Flaum.

Und dann ein jubelweißes Blütenmeer,
ein Leuchten, sich verströmen,
ein Blütenrausch, Lichtseligkeit
— ein Fest, das Leben heißt —

ein Wachsen, Blühen, Früchte tragen.

Glänzende Kastanie
in aufgeplatzter Stachelschale,
meine Hand greift nach ihr. —

Ich trage einen Hauch Lichtseligkeit
in meiner Manteltasche.

 
         
    An der Wümme

Baumriesen
schirmen einen Fluss.
Überhände,
deren Fingerspitzen sich berühren.

Auf hölzerner Brücke
verweil' ich,
schaue in ruhige Wasser
und in den grünen Dom.

Zwei Enten
durchfliegen grüne Stille,
mir entgegen,
über mich hinweg.

         
  Worpsweder Landschaft

Nebel macht
Gestern gegenwärtig.
Stille spricht
von Ausdauer und Not.
Wind klagt
von Mühsal, karger Ernte.
Vogel singt
von Liebe, Mut und Lohn.

Sonne scheint
auf Bäume und Wälder,
auf Felder wie Gärten
von Hecken umfriedet.

Blühendes Korn,
Grazilgrünhalme blauschimmernd,
Glockenschlauchblüten kaum sichtbar,
Silbergrannenhauch über Ähren.

Sonnentrunkengrüne Maisblätter
rascheln im Wind.
Kartoffeln dämmern
dumpfgrün still.

Butterblumen leuchten auf sattgrünen Weiden,
Üppiggräser wuchern an Grabenrändern,
laue Luft trägt Sommerduft,
Vögel tschilpen, Blätter wispern.

Heckenfrieden umarmt Felder,
teilt sich mit. —
Ein
Düsenflugzeug
zerreißt.

 
     
    Rast

Ich sehe
einem Schmetterling
beim Fliegen zu,
atme Waldmeisterseide.

Ich bin
der Wald —
der Sonnenschein,
der durch die Blätter fällt —
der rauschende Bach —
die blumenübersät, durchsonnte Wiese.
Ich bin der Berg,
der schroffe Fels —
der Vogel,
der über den Gipfeln schwebt.

Ich ruhe aus
auf einem Stein
und fühle
keine Grenzen.

         
     

Öffne dich

Blätter wachsen,
Blütenknospen öffnen sich.
Schöpfungsglanz
liegt auf jedem Wesen.
Öffne deine Augen.

Erde duftet,
Sand weicht unter den Füßen.
Wind im Haar
ist wie Musik des Alls.
Öffne deine Sinne.

Menschen um dich,
wie du und doch einmalig.
Ein Lächeln
lässt die Sonne aufgehn.
Öffne dein Herz.

Wolken ziehen,
Wind malt Wogen in das Gras.
Baumgesäumte Straßen
führen überall hin.
Lass deine Seele wandern.

Lass deine Seele wandern
durch Rosenduft,
durch Menschlichkeit,
durch Sternenlicht,
Unendlichkeit.

 

Einklang

Sternenhimmel
über nachtdunklen Bäumen.
Das Maß aller Dinge
gewinnt Gestalt,
macht ergriffen,
winzig
und doch groß.

 
 
     
     
     
     
         
    Am Strand

Grauer Himmel, graues Meer.
Wellenberge gischtgekrönt
überstürzen und vermehren sich.
Sturm zerrt, drückt nieder, treibt voran.
Wolken jagen wie Gedanken.

Blauer Himmel, blaues Meer.
Welle um Welle schwappt ans Land,
lässt vergängliche Muster zurück im Sand,
verebbt zu ewiger Wiederkehr.
Endlos wandern die Gedanken.

Sanfter Wind weht wo du bist
und weht auch gleich woanders.
Du gehst am Strand — fliegst mit dem Wind,
fliegst auf einem Vogelschrei,

spürst den Aufwind der Gedanken.

         
 

Gegen den Wind

Mit ganzer Kraft
gegen den Wind.
Die Füße
in den Boden gestemmt
für eine weggerissene
Atempause.
Das eigene Gewicht
in die Waagschale geworfen.

   
     
     
  Erfolgszwang

Wenn
ich besitze —
Fähigkeiten erworben habe
beherrsche —

Geplantes verwirklicht
geschaffen

vollendet habe — dann
bin ich glücklich?

     
     
  Entspannen

Zwänge
ruhen lassen —
zügellos räkeln
aus Tiefen heraus
gähnen

in watteweiche Trägheit
sinken

uferlos dehnen
nur noch fühlen
Wohlbehagen schmecken
sich

gern haben.

     
     
     
     
  Weiter im Trott

Drei Sekunden Stille.
Atemholen,

Unwichtiges
vom Wesentlichen
trennen.

Wünschen,
dass es öfter so ist.
Doch vor dem Gedanken:
"Wie nehme ich Ruhe?"
weiter im Trott.